Hört mir gut zu, ihr Snobs. Ich werde euch von Austyn Weiner erzählen, geboren 1989 in Miami, dieser Künstlerin, die mit ihren chromatischen Explosionen und ihren fulminanten Gesten die makellosen Wände eurer Galerien zum Beben bringt. Endlich jemand, der malt, als hinge ihr Leben davon ab, als wäre jeder Pinselstrich ein Kampf gegen die allgegenwärtige Mittelmäßigkeit.
Das erste Thema, das mich trifft: ihre physische, fast choreografische Herangehensweise an die Malerei. Weiner malt nicht einfach, sie tanzt mit ihren Leinwänden. Ihre großformatigen Bilder sind kein ästhetischer Wahl, sondern eine Lebensnotwendigkeit. Wie könnte sie ihre überschäumende Energie in einem Postkartenformat einschließen? Ihre weiten Bewegungen, würdig der Action Painter des abstrakten Expressionismus, erinnern an die Performances von Pollock, aber mit einem großen Unterschied: Während Pollock danach strebte, sich hinter der Geste zurückzuziehen, bekräftigt Weiner ihre Präsenz, beansprucht ihren Körper als primäres Werkzeug der Schöpfung. Dieser Ansatz spiegelt die Theorien von Maurice Merleau-Ponty zur Phänomenologie der Wahrnehmung wider, in der der Körper nicht einfach ein Instrument, sondern das Medium unseres Verhältnisses zur Welt ist. In ihrem Atelier in Los Angeles arbeitet sie manchmal bis zu 11 Stunden am Stück und verwandelt das Malen in eine wahre körperliche Performance. Das erinnert unweigerlich an die Überlegungen von Simone de Beauvoir zum Körper als Situation, als Mittel, die Welt zu erfassen und sich in ihr zu projizieren.
Ihre monumentalen Leinwände sind keine bloßen Flächen zum Überdecken, sondern Kampfplätze, auf denen jeder Quadratzentimeter umkämpft, verhandelt und erobert wird. Sie benutzt Ölstöcke wie Schwerter, Pinsel wie Dirigentenstäbe. Ihre Arbeit verkörpert perfekt das, was Nietzsche die “große Gesundheit” nannte, diese Fähigkeit, Leiden in schöpferische Kraft zu verwandeln.
Das zweite Thema, das aus ihrer Arbeit hervorgeht, ist ihre innige Beziehung zum jüdisch-amerikanischen Erbe und zur Nachkriegs-Kunstgeschichte. Weiner malt nicht nur, sie dialogisiert mit den Geistern von Lee Krasner, Joan Mitchell und all jenen Frauen, die doppelt so hart kämpfen mussten, um in einer von Männern dominierten Kunstwelt zu bestehen. Ihre abstrakten Formen, ihre charakteristischen Glyphen sind nicht einfach dekorative Motive, sondern Elemente einer zutiefst persönlichen malerischen Grammatik, die auf ihrer familiären und kulturellen Geschichte fußt.
Ihre Arbeit klingt in den Schriften von Walter Benjamin über den Begriff der Aura und die mechanische Reproduktion von Kunstwerken nach. Weiner betont die Materialität der Malerei, ihre unbestreitbare physische Präsenz. Ihre Leinwände lassen sich nicht auf JPEGs bei Instagram reduzieren, sie verlangen eine direkte Konfrontation, ein körperliches Engagement der Betrachterin. Dieses Beharren auf der physischen Präsenz des Werkes erinnert an Roland Barthes‘ Theorien zum “punctum”, jenem Detail, das uns trifft, das uns in einem Bild verletzt.
Ihre Kompositionen wirken manchmal chaotisch, aber dieses Chaos ist sorgfältig inszeniert. Das ist es, was Theodor Adorno die “befreite Form” nannte, eine Organisation, die aus scheinbarer Desorganisation hervorgeht. In “Big Sister, Little Brother” spielt sie mit familiären Dynamiken und schafft eine spürbare Spannung zwischen den auf der Leinwand sich anziehenden und abstoßenden Formen. Die Farben, diese elektrischen Gelbtöne, blutroten Rottöne, tiefen Blautöne, werden nicht wegen ihrer Harmonie gewählt, sondern wegen ihrer Fähigkeit, zu provozieren und zu destabilisieren.
Ich kann schon die Puristinnen hören, die sich über ihre Ablehnung von Konventionen, ihre Vermischung von Hoch- und Popkultur und ihre Nutzung der Musik von Bruce Springsteen als Inspirationsquelle empören. Doch genau das macht die Stärke ihrer Arbeit aus. Sie kümmert sich nicht um eure Kategorien, um eure sorgsam angebrachten Etiketten. Ihre Kunst ist so hybrid wie unsere Zeit, so komplex wie die zeitgenössischen Identitäten.
Ihr kreativer Prozess, geprägt von obsessiven musikalischen Wiederholungen und ständigen Anrufen bei ihren Angehörigen, offenbart eine Künstlerin, für die Schaffung kein isolierter Akt, sondern ein ständiger Dialog ist. Sie verwandelt ihr Studio in einen rituellen Raum, in dem Malerei zu einer Form der aktiven Meditation wird, einer Art Erforschung dessen, was Julia Kristeva “das Semiotische” nennt, jene vor-sprachliche Dimension der Erfahrung, die der Sprache entgeht, aber ihren Ausdruck in der Kunst findet.
In ihrer jüngsten Serie “Blood on Blood” geht sie noch weiter in der Erforschung familiärer Verbindungen und Intimität. Die embryonalen Formen, die in lebhaft gefärbten Fruchtwassern schweben, sind nicht bloß Metaphern für Familie, sondern Versuche, den komplexen emotionalen Raum menschlicher Beziehungen zu kartographieren. Was Georges Bataille eine “innere Erfahrung” genannt hätte, ein Eintauchen in die Tiefen der gelebten Erfahrung.
Ihre Gemälde erzählen keine Geschichten, sie verkörpern sie. Jeder Pinselstrich, jeder Farblauf ist eine Entscheidung, ein Moment der Wahrheit. Sie sucht nicht danach, zu gefallen, sondern eine Reaktion hervorzurufen, das zu schaffen, was Susan Sontag eine “Erotik der Kunst” nannte, statt einer Hermeneutik. Ihre Arbeit widersetzt sich einfachen Interpretationen, eindeutigen Lesarten, die manche Kritikerinnen ihr aufzwingen wollen.
Jenen, die ihr ihre ungezügelte Expressivität vorwerfen, antworte ich, dass genau das das ist, was die zeitgenössische Kunst braucht: weniger sterile Konzeptualisierung, mehr viszerales Engagement mit dem Material. Während unsere Kunstwelt oft durch ihr eigenes historisches Bewusstsein gelähmt ist, wagt Weiner noch, an die Möglichkeit einer authentischen, dringenden, notwendigen Malerei zu glauben.
Wenn Sie die Bedeutung von Austyn Weiner nicht verstehen, liegt das vielleicht daran, dass Sie zu sehr an eine Kunst gewöhnt sind, die nicht stört, nicht aufrüttelt, die sich darauf beschränkt, Ihre Wände zu schmücken. Ihre Arbeit ist eine wohltuende Erinnerung daran, dass Kunst immer noch eine transformierende Kraft sein kann, ein Raum absoluter Freiheit. Sie haben es verstanden, ich liebe das.
















