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Paresh Maity: Fänger lichtvoller Momente

Veröffentlicht am: 1 Mai 2025

Von: Hervé Lancelin

Kategorie: Kunstkritik

Lesezeit: 8 Minuten

Paresh Maity, ein vielseitiger indischer Künstler, beherrscht Aquarell, Öl, Keramik und monumentale Skulptur meisterhaft. Unermüdlich erforscht er Licht und Farbe, seine Werke fangen die Essenz der Landschaften von Varanasi bis Venedig ein und schaffen eine visuelle Poesie von seltener Intensität.

Hört mir gut zu, ihr Snobs, wenn ich euch von einem Künstler erzähle, der unsere Sinne erschüttert, ohne medialen Ruhm zu erlangen, spreche ich von Paresh Maity. Dieser Mann, dessen Name inzwischen in den Kunstkreisen von Delhi bis London widerhallt, bewegt sich in einer Ästhetik, die weit über die visuellen Verschlingungen hinausgeht, an die wir gewöhnt sind.

Geboren 1965 in Tamluk, diesem kleinen Dorf im westlichen Bengalen, hat sich Maity den Ruf eines Farb-Alchimisten erworben. Seine Aquarelle, erste Leidenschaft und bevorzugtes Medium, vollbringen dieses seltene Wunder: das Licht wie einen Schmetterling einzufangen, es auf Papier zu bannen, ohne seine Flügel zu brechen. Seine Werke stellen nicht einfach eine Landschaft dar; sie verwandeln sie in eine fast synästhetische Erfahrung, in der Wasser zu Pigment wird und Pigment zu Licht.

Man muss verstehen, dass Maity nicht einfach ein Maler ist, sondern ein visueller Nomade. Seine Reisen durch Indien und die Welt, von Benares bis Venedig, über Rajasthan und die norwegischen Kanäle, bilden das Rohmaterial seines Schaffens. Er nimmt die Landschaften auf und gibt sie durch seinen einzigartigen Blick transformiert wieder, als gefiltert durch ein Kaleidoskop, in dem glühende Rottöne, tiefe Blautöne und schillernde Ockertöne dominieren.

Sein künstlerischer Werdegang ist ein perfektes Beispiel für das, was die Philosophin Hannah Arendt “die menschliche Bedingung in ihrer Pluralität” [1] nannte. Gleichzeitig in seiner Heimat verwurzelt und tief kosmopolitisch, verkörpert Maity die Fähigkeit, gleichzeitig hier und anderswo zu sein, einer Tradition anzugehören und sie zugleich zu transzendieren. Seine Werke tragen den Stempel dieser Dualität: treu den indischen malerischen Traditionen in ihrer chromatischen Sensibilität, aber entschieden zeitgenössisch in ihrer Komposition und Kühnheit.

Für diejenigen, die über seine Produktivität erstaunt sind, mehr als 80 Einzelausstellungen in vierzig Karrierejahren, möchte ich daran erinnern, dass Schöpfung keine Frage der Quantität, sondern der Intensität ist. Und welche Intensität in diesen großformatigen Werken, in denen die Landschaft zum Kosmos wird! Das monumentale Werk, das er für den internationalen Flughafen Indira Gandhi in Neu-Delhi geschaffen hat, ein 250 Meter langes Fresko, das längste in Indien, ist nicht nur ein technisches Meisterstück, sondern eine visuelle Odyssee, die uns durch die Seele des Subkontinents reisen lässt.

Was mir an seiner Arbeit gefällt, ist diese Fähigkeit, das Wesen des Lichts einzufangen. “Ich habe immer geglaubt, dass Licht das Leben ist und das Leben Licht ist. Um irgendetwas zu sehen, braucht man Licht”, gesteht er [2]. Diese Obsession für Helligkeit erinnert an die Forschungen eines Turner oder Monet, aber Maity fügt diesem eine besondere Schwingung hinzu, einen Puls, der einzig Indien gehört.

Der Übergang von Aquarell zu anderen Medien wie Öl, Acryl, Skulpturen, Installationen ist für ihn kein Verrat. Es ist vielmehr die natürliche Erweiterung einer Forschung über die Materialität des Lichts und seine Fähigkeit, unsere Wahrnehmung der Welt zu verändern. Seine jüngsten Skulpturen, wie das monumentale Urbanscape, das sieben Tonnen wiegt und eine riesige Jackfrucht darstellt, erforschen die urbane Dichte mit der gleichen Sensibilität, mit der seine Aquarelle die Flüssigkeit des Wassers erkunden.

Was mich an manchen Kritikern zutiefst irritiert, ist ihre Unfähigkeit, über vorgegebene Kategorien hinauszusehen. Man spricht von Maity als einem “Meister der Aquarellmalerei”, was er unbestreitbar ist, aber man vergisst allzu oft, seine Virtuosität im Umgang mit verschiedenen Medien zu erwähnen, seine Fähigkeit, seine visuelle Sprache ständig neu zu erfinden. Er ist kein in seiner Technik gefesselter Künstler, sondern ein unermüdlicher Entdecker der Ausdrucksmöglichkeiten der Kunst.

Seine Beziehung zur Keramik illustriert diese unersättliche Neugier perfekt. Inspiriert von Picasso während eines Museumsbesuchs in Paris während seines Studiums, entwickelte er über zwanzig Jahre hinweg eine persönliche Praxis der Keramik, fernab der Öffentlichkeit, bevor er sie schließlich der Öffentlichkeit präsentierte. Diese Geduld, dieses langsame Reifen einer künstlerischen Praxis fern vom medialen Lärm, zeugt von einer seltenen Integrität in der Welt der zeitgenössischen Kunst.

Die französische Filmkritikerin Pauline Kael schrieb, dass “Kunst die einzige Lebensform ist, die unendlich verfolgt werden kann” [3]. Diese Bemerkung könnte den Ansatz von Maity definieren. Wenn er erklärt: “Kunst ist mein Leben. Ich habe noch nicht begonnen, ich bin immer noch auf der Suche. Manchmal habe ich das Gefühl, ich müsste 72 Stunden am Tag haben” [4], drückt er diese ständige Suche, diese fruchtbare Unzufriedenheit aus, die große Schöpfer kennzeichnet.

Wenn man seine Arbeit durch das Prisma der ästhetischen Theorie von John Dewey betrachtet, versteht man die Natur seiner Kunst besser als “Erfahrung”. Für Dewey ist die ästhetische Erfahrung nicht von der gewöhnlichen Erfahrung getrennt, sie ist deren Intensivierung und Klärung. Maitys Landschaften sind keine kalten Darstellungen eines Ortes, sondern der Ausdruck einer gelebten Begegnung, eines Dialogs zwischen dem Künstler und seiner Umwelt. Gerade diese erfahrungsmäßige Qualität verleiht seinen Werken ihre ganz besondere evocative Kraft.

Ich bin besonders von seiner Serie über Benares/Varanasi fasziniert. In diesen Werken gelingt es ihm, nicht nur das physische Erscheinungsbild dieser mythischen Stadt mit ihren Ghats und Ritualen am Ufer des Ganges einzufangen, sondern auch ihre spirituelle Dimension, dieses besondere Licht, das scheinbar von den Orten selbst ausgeht. In diesen Gemälden ist etwas, das über die bloße Darstellung hinausgeht und eine Form emotionaler Wahrheit erreicht.

Diese Fähigkeit, Materie in Emotion zu verwandeln, wird auch in seinen Skulpturen deutlich. “The Pair”, dieses monumentale Werk von sieben Tonnen, das in der Ausstellung “Infinite Light” gezeigt wird, spielt mit der Dualität von Männlich/Weiblich mit einer Sensibilität, die die Fallen einfacher Symbolik vermeidet. Das Werk imponiert durch seine physische Präsenz und lädt gleichzeitig zu einer fast metaphysischen Betrachtung ein.

Der Kritiker Ranjit Hoskote spricht von einer “tiefen Faszination für Licht als Macht der Transformation, mit Farbe als Grundlage des Seins und mit dem Menschen als Zeuge und Teilnehmer an kosmischen Dramen epischen Ausmaßes” [5]. Diese Beobachtung berührt das Wesen von Maitys Werk: Licht ist nicht einfach ein optisches Phänomen, sondern eine strukturierende Kraft, die der Welt Form und Sinn verleiht.

Diese Sorge um das Licht erinnert nicht ohne Grund an die phänomenologischen Forschungen zur Wahrnehmung. Ohne in die konzeptuellen Fallen dieser philosophischen Schule zu tappen, kann man dennoch beobachten, dass Maity, wie die Phänomenologen, sich für die Art und Weise interessiert, wie uns die Welt durch unsere Sinne gegeben wird und wie unsere Wahrnehmung das, was wir sehen, verändert.

Ich muss zugeben, dass ich anfangs skeptisch war gegenüber seinen Vorstößen in die öffentliche Kunst. Allzu oft opfern monumentale Werke die Subtilität auf dem Altar des Spektakulären. Doch selbst im großen Maßstab schafft es Maity, diese Intimität, diese Zartheit, die seine Aquarelle auszeichnen, zu bewahren. Sein Wandbild für den Flughafen Delhi ist kein Zugeständnis an das Kommerzielle, sondern eine Verstärkung seiner Vision, als ob sein intimer Blick auf die Welt nun mit tausenden Reisenden geteilt werden könnte.

Was mir an diesem Künstler auch besonders gefällt, ist seine Art, mit der Zeit umzugehen. In seinen Landschaften scheint die Zeit zugleich angehalten und in stetiger Bewegung, als ob jeder Moment in sich selbst die Vergangenheit und die Zukunft enthält. Diese Zeitauffassung erinnert an Henri Bergsons Überlegungen zur Dauer als kontinuierlicher Fluss statt als Abfolge diskreter Augenblicke. Maitys Landschaften sind keine eingefrorenen Fotografien, sondern Momente, die atmen und pulsieren vor Leben.

Wenn man die Entwicklung seiner Praxis im Laufe der Jahrzehnte betrachtet, erkennt man keine Brüche, sondern eine allmähliche Vertiefung seiner wesentlichen Anliegen. Von seinen frühen Aquarellen bis zu seinen jüngsten Multimedia-Werken ist es stets dieselbe Suche nach dem Licht, dieselbe Faszination für die Art und Weise, wie es unsere Wahrnehmung der Welt verändert.

Seine Beziehung zur Natur ist besonders interessant. Geboren in einer Region Bengalis, in der Wasser allgegenwärtig ist, Flüsse, Teiche, Kanäle, hat Maity eine besondere Sensibilität für das Element Wasser entwickelt. Diese Affinität spiegelt sich nicht nur in seiner ursprünglichen Wahl des Aquarells als Medium wider, sondern auch in seiner Art, den Bildraum als einen fließenden, sich ständig wandelnden Raum zu verstehen. Wie er selbst sagt: “Ich bin untrennbar mit dem Wasser verbunden, wir sind eins.” [6]

Diese Verschmelzung mit den Naturelementen erinnert an die romantische Vorstellung des Künstlers als Vermittler zwischen Natur und Mensch. Doch Maity entzieht sich den Fallen der naiven Romantik durch sein scharfes Bewusstsein für die sozialen und kulturellen Realitäten, die unser Verhältnis zur Umwelt prägen. Seine Landschaften sind niemals bloße Feier einer idealisierten Natur, sondern komplexe Erkundungen unserer ambivalenten Beziehung zur uns umgebenden Welt.

Maitys Vielseitigkeit könnte verwirrend erscheinen: Wie kann ein und derselbe Künstler in so unterschiedlichen Medien wie Aquarell, Öl, Skulptur oder Keramik brillieren? Die Antwort liegt vielleicht in seiner grundlegend sinnlichen Herangehensweise an die Kunst. Unabhängig von der verwendeten Technik ist es stets dieselbe Suche nach der visuellsten Empfindung in ihrem reinsten Zustand, dieselbe Faszination dafür, wie Licht und Farbe unsere Erfahrung der Welt verwandeln können.

Wenn ich die Essenz seiner Kunst in wenigen Worten zusammenfassen müsste, wäre es: Transformation, Fluidität, Leuchtkraft. Maity stellt die Welt nicht dar, er offenbart sie in ihrer verborgenen Dimension, jener Dimension, die unserer gewöhnlichen Wahrnehmung entgeht, die aber dennoch ihre tiefste Wahrheit ausmacht.

Die Kunst von Paresh Maity erinnert uns daran, dass die wahre Betrachtung der Welt ein kreativer Akt ist, eine ständige Transformation und nicht nur eine passive Aufnahme. In dieser Hinsicht ist sein Werk nicht nur ein bedeutender Beitrag zur zeitgenössischen indischen Kunst, sondern auch eine Einladung, unser Verhältnis zum Sichtbaren, zum Licht, zu dieser gewöhnlichen Pracht, die uns umgibt und die wir viel zu oft nicht mehr wahrnehmen, neu zu überdenken.


  1. Arendt, Hannah, “The Human Condition”, The University of Chicago Press, 1958.
  2. The Established, “Künstler Paresh Maity ist auf der Suche nach dem richtigen Licht und überschreitet dabei Medien und Zeitlinien”, Interview geführt von Anannya Sarkar, 2022.
  3. Kael, Pauline, “I Lost It at the Movies”, Little, Brown and Company, 1965
  4. T2online, “‚Leben ist für mich Kunst. Ich habe noch nicht angefangen, ich suche noch. Manchmal habe ich das Gefühl, ich bräuchte 72 Stunden am Tag‘, Paresh Maity”, Interview von Saionee Chakraborty, 23. Januar 2024
  5. Abirpothi, “‚Unendliches Licht‘ drückt Paresh Maitys Reise von drei Jahrzehnten in der Kunst aus”, 2022
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Referenz(en)

Paresh MAITY (1965)
Vorname: Paresh
Nachname: MAITY
Geschlecht: Männlich
Staatsangehörigkeit(en):

  • Indien

Alter: 60 Jahre alt (2025)

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