Deutsch | English

Dienstag 18 November

ArtCritic favicon

Subodh Gupta: Das Universum der verwandelten Objekte

Veröffentlicht am: 2 August 2025

Von: Hervé Lancelin

Kategorie: Kunstkritik

Lesezeit: 9 Minuten

Subodh Gupta verwandelt indische Kochutensilien in monumentale Skulpturen, die unsere kulturellen Wahrnehmungen infrage stellen. Dieser Künstler, geboren 1964 in Bihar, arbeitet mit Edelstahl, Aluminium und Bronze, um Installationen zu schaffen, bei denen der häusliche Alltag zum spirituellen und politischen Kosmos wird.

Hört mir gut zu, ihr Snobs: Wenn ihr nie das seltsame Kribbeln entlang der Wirbelsäule gespürt habt, wenn euch ein einfacher Edelstahltopf bis ins Mark trifft, dann habt ihr nie wirklich verstanden, was es bedeutet, die Kunst von Subodh Gupta zu betrachten. Dieser Mann, 1964 im armen Bihar geboren, verwandelt die banalsten Kochutensilien in metallene Kathedralen, die unsere fest verwurzelten Vorstellungen von Schönheit, Wert und kultureller Zugehörigkeit herausfordern. Es handelt sich hier nicht um eine bloße Umwidmung von Industrieobjekten, sondern um eine wahre zeitgenössische Alchemie, die das Triviale in etwas verwandelt, das uns übersteigt.

Wenn man Werke wie Chanda Mama door ke (2015) betrachtet, diesen monumentalen Wasserfall aus aufgehängten Aluminiumutensilien, die gemeinsam einen gigantischen Topf bilden, versteht man sofort, dass Gupta nicht einfach die Gesten von Marcel Duchamps Ready-made reproduziert. Er geht weit über diese westliche Referenz hinaus, um etwas tief verwurzelt in der indischen Erfahrung zu schaffen und dabei eine universelle Sprache zu sprechen. Jeder Topf, jedes Sieb, jede Suppenkelle trägt die Spuren eines gelebten Lebens, Gebrauchsspuren, die Geschichten von Familien, gemeinsamen Mahlzeiten und täglichem Überleben erzählen.

Guptas Vorgehensweise wurzelt in einem tiefen Verständnis der zeitgenössischen Stadtsoziologie. Pierre Bourdieu hat in seinen Arbeiten brillant analysiert, wie Alltagsgegenstände zur Konstruktion sozialer Identitäten und Klassenunterscheidungen beitragen. Bei Gupta wird diese soziologische Dimension zum treibenden Motor der künstlerischen Schöpfung. Seine Edelstahl-Tiffins, diese zerlegbaren Essensbehälter, die von Millionen Indern genutzt werden, sind stille Zeugen der massiven Migrationen, die das heutige Indien prägen. Wenn Arbeiter ihre Heimatdörfer verlassen und diese Objekte als einzige Verbindung zu ihrer Herkunft mit in die Megastädte nehmen, transportieren sie eine materielle Kultur, die Gupta aufwertet.

Die Installation Very Hungry God (2006), dieser monumentale Schädel von über vier Metern Höhe, der aus dreitausend Kochutensilien besteht, illustriert perfekt die Spannung zwischen Individuellem und Kollektivem, die Bourdieu als zentral für die soziale Reproduktion identifiziert hat [1]. Hier wird der individuelle Tod durch die Anhäufung von Objekten überwunden, die Generationen von Menschen ernährt haben. Der Schädel, ein universelles memento mori, wird paradoxerweise zu einer Ode an das kollektive Leben, an die unendliche Kette täglicher Handlungen, die die Kontinuität des menschlichen Daseins sichern. Gupta erschafft nicht nur eine zeitgenössische Vanitas; er offenbart, wie die banalsten Objekte die kollektive Erinnerung einer Zivilisation in sich tragen.

Diese soziologische Dimension von Guptas Werk findet ihren vollen Ausdruck in seinem Verständnis der Transformationen des postliberalisierten Indiens. Seit den 1990er Jahren hat das Land eine tiefgreifende wirtschaftliche Veränderung erlebt, die die traditionellen sozialen Strukturen auf den Kopf gestellt hat. Die massiv von der urbanen Mittelklasse übernommenen Edelstahlutensilien symbolisieren dieses Streben nach Modernität. Doch Gupta enthüllt die Ambivalenz dieser Transformation: Diese nun in Massenproduktion hergestellten Gegenstände verlieren ihre handwerkliche Dimension und ihre lokale Verwurzelung, um zu Symbolen einer globalisierten Vereinheitlichung zu werden.

In All in the Same Boat (2012-2013), diesem traditionellen Kutter aus Kerala, der von der Decke hängt und mit Küchenutensilien gefüllt ist, materialisiert der Künstler buchstäblich den Zustand des zeitgenössischen Menschen, der zwischen Tradition und Moderne, Überleben und Untergang schwankt. Die Installation funktioniert als eindrückliche Metapher für die Migrationssituation: Alle diese Alltagsgegenstände, zusammengepfercht in einem unsicheren Boot, erzählen von erzwungenen Bewegungen, wirtschaftlichen Exilen, jenem ständigen Umherirren, das unsere Zeit kennzeichnet.

Die Kraft von Guptas Werk liegt auch in seiner Fähigkeit, tiefe Verbindungen mit der hinduistischen Philosophie, insbesondere mit der mystischen Poesie Kabirs, jenes Weberdichters aus dem 15. Jahrhundert, der zum Heiligen-Dichter wurde, zu knüpfen. Kabir entwickelte eine pantheistische Sichtweise, in der sich das Göttliche in den bescheidensten Alltagsgegenständen manifestiert. Seine berühmte Zeile “In diesem Gefäß sind die Haine und die Gärten, und in ihm ist der Schöpfer / In diesem Gefäß sind die sieben Ozeane und die unzähligen Sterne” findet einen eindrucksvollen Widerhall in Guptas Kunst [2].

Dieser Einfluss Kabirs durchdringt tief die Serie Within this vessel are the seven oceans and unnumbered stars (2024), in der Gupta traditionelle Tontöpfe auseinanderschneidet, um sie in unerwarteten Konfigurationen wieder zusammenzusetzen. Hier trifft die mystische Philosophie Kabirs auf zeitgenössische Ästhetik, um Kosmos-Gegenstände zu schaffen, die das Unendliche im Endlichen tatsächlich enthalten. Jeder Topf wird zu einem Miniaturuniversum, jedes Utensil zu einer potenziellen Galaxie. Diese Sicht Kabirs erlaubt es Gupta, die sterile Gegensätzlichkeit zwischen Heiligem und Profanem zu überwinden, um die spirituelle Dimension zu offenbaren, die den alltäglichsten Gegenständen innewohnt.

Kabirs Philosophie findet ebenfalls Widerhall in Guptas Verwendung von gefundenen und gebrauchten Materialien. Während seine ersten Werke neue und glänzende Utensilien nutzten, bevorzugt der Künstler nunbeulte, zerkratzte, vom Gebrauch gezeichnete Objekte. Diese ästhetische Entwicklung wurzelt in einem mystischen Verständnis der Vergänglichkeit: Jede Gebrauchsspuren erzählt eine Geschichte, jede Verformung zeugt von einem gelebten Leben. Wie Kabir, der in der Demut des Webers einen Weg zur Erleuchtung sah, findet Gupta in diesen verlassenen Gegenständen eine besondere Schönheit, die Patina der Zeit und Erfahrung.

Diese philosophische Dimension erreicht ihren Höhepunkt in Werken wie Touch, Trace, Taste, Truth (2015), jener riesigen goldenen Kugel, die gleichzeitig Erde, Mond und traditionellen Kochtopf evoziert. Die Installation materialisiert perfekt die kabirische Vision eines Kosmos, in dem Makrokosmos und Mikrokosmos sich gegenseitig spiegeln. Doch Gupta fügt eine fehlende kritische Dimension des mittelalterlichen Mystikers hinzu: Stacheldrahtdrähte im Innern der Kugel erinnern daran, dass diese kosmische Schönheit immer mit Gewalt und Ausgrenzung einhergeht.

Guptas Werk offenbart somit seine tiefe philosophische Kohärenz. Inspiriert von der Mystik Kabirs entwickelt er eine Ästhetik der Transformation, die etablierte Hierarchien zwischen Edlem und Gemeinem, Kostbarem und Trivialem ablehnt. Jedes Gerät wird potenziell zu einem Objekt mystischer Betrachtung, jede Installation zu einer Einladung, das Außergewöhnliche im Gewöhnlichen zu erkennen. Dieser Ansatz ermöglicht es ihm, eine authentisch zeitgenössische Kunst zu schaffen und gleichzeitig den tiefsten spirituellen Wurzeln der indischen Kultur treu zu bleiben.

Die kritische Dimension dieses Werks darf nicht unterschätzt werden. Wenn Gupta gebrauchte Tiffins in monumentale Skulpturen verwandelt, vollzieht er eine echte Subversion der Marktwerte. Diese Gegenstände, die für den Abfall bestimmt waren, erhalten plötzlich einen erheblichen künstlerischen Wert. Diese Alchemie hinterfragt direkt unsere Maßstäbe von Wert und enthüllt die Willkür kultureller Hierarchien. Der Künstler stellt somit die sozialen Unterscheidungsmechanismen, wie sie von Bourdieu analysiert wurden, frontal in Frage: Wer entscheidet, dass ein Objekt mehr wert ist als ein anderes? Nach welchen Kriterien wird die Grenze zwischen Kunst und Handwerk, zwischen legitimer Kultur und Populärkultur gezogen?

Diese Frage findet eine besondere Resonanz im Kontext der zeitgenössischen indischen Kunst. Jahrzehntelang wurde die Kunstszene des Subkontinents von Ästhetiken aus dem Westen dominiert und die lokalen Traditionen ins Folklore-Ranking verbannt. Gupta gehört zu einer Künstlergeneration, die diese Beziehung neu erfindet. Indem er spezifisch indische Objekte verwendet, aber nach zeitgenössischen ästhetischen Modalitäten, schafft er eine wirklich hybride künstlerische Sprache, die die sterile Alternative zwischen Tradition und Moderne ablehnt.

Die Installation Specimen No. 108 (2015), dieser Edelstahlbaum, dessen Äste Küchengeräte wie metallische Früchte tragen, verkörpert diese gelungene Hybridität perfekt. Der Banyanbaum, traditionelles Symbol für Langlebigkeit und Unsterblichkeit in der indischen Kultur, wird nach einer zeitgenössischen industriellen Ästhetik neu interpretiert. Doch statt die ursprüngliche Symbolik zu verraten, offenbart diese Transformation sie in einem neuen Licht: Die Gerät-Früchte rufen die stetige Erneuerung des Alltagslebens wach, diese unendliche Fähigkeit des Banalen, sich zu erneuern und das Dasein zu nähren.

Guptas jüngste Schöpfungen, insbesondere die Serie Inner Garden (2024), zeugen von bemerkenswerter künstlerischer Reife. Diese Gemälde und Skulpturen erforschen die psychologischen und intimen Dimensionen seiner Beziehung zu den Objekten. Der Künstler begnügt sich nicht mehr damit, den Alltag zu monumentalisieren; er erforscht dessen emotionale und erinnerungsträchtige Resonanzen. Jedes Gerät wird zur Grundlage einer Meditation über Zeit, Erinnerung und Zugehörigkeit. Diese Entwicklung offenbart einen Künstler, der seine Herangehensweise ständig erneuern kann und dabei die Kohärenz seines Anliegens bewahrt.

Guptas Stärke liegt in seiner Fähigkeit, eine authentisch globale Kunst zu schaffen, ohne seine kulturellen Besonderheiten aufzugeben. Seine Installationen sprechen gleichzeitig indische Zuschauer an, die sofort die vertrauten Objekte ihres Alltags erkennen, und internationale Publikumsschichten, die eine neue Ästhetik entdecken. Diese Universalität ist nicht das Ergebnis einer kulturellen Nivellierung, sondern vielmehr das Resultat einer Vertiefung des Lokalen, die mit dem Universellen zusammenfällt.

Die Ausstellung Sangam im Bon Marché in Paris im Jahr 2023 veranschaulichte perfekt diese Fähigkeit zum interkulturellen Dialog. Indem Gupta seine Werke in diesem Tempel des Pariser Konsums installierte, schuf er einen beeindruckenden Dialog zwischen zwei wirtschaftlichen und kulturellen Welten. Indische Utensilien standen neben französischen Luxusgegenständen und offenbarten unerwartete Gemeinsamkeiten zwischen scheinbar gegensätzlichen Universen. Diese Konfrontation zeigte die universelle Dimension der menschlichen Beziehung zu Gegenständen über wirtschaftliche Unterschiede und kulturelle Herkunft hinweg auf.

Im Verlauf seiner Karriere hat Subodh Gupta erreicht, was nur wenige Künstler schaffen: eine sofort wiedererkennbare künstlerische Sprache zu schaffen und gleichzeitig eine dauerhafte Fähigkeit zur Erneuerung zu bewahren. Seine neuesten Werke, wie The Proust Effect (2023), diese kreisförmige Hütte aus Küchenutensilien, zeugen von dieser ständigen Entwicklung. Die Installation funktioniert als erinnerungsförderndes Instrument, das zur Kontemplation und zum Erinnern einlädt. Jeder Besucher kann eigene kulinarische und familiäre Erinnerungen projizieren und so den künstlerischen Raum in ein Laboratorium kollektiver Erinnerung verwandeln.

Diese proustsche Dimension des jüngsten Werks offenbart eine neue psychologische Tiefe. Gupta begnügt sich nicht mehr damit, Gegenstände zu transformieren; er erforscht ihre Fähigkeit, erinnerungsartige Wiederaufleben hervorzurufen. Diese Entwicklung zeugt von einem verfeinerten Verständnis der Mechanismen künstlerischer Rezeption. Der Künstler schafft nicht mehr nur Objekte zum Betrachten; er entwirft Erfahrungsräume, die die Subjektivität des Betrachters aktivieren.

Das Werk von Subodh Gupta offenbart so seine zutiefst zeitgenössische Dimension. In einer Zeit, in der kulturelle Identitäten durch die Globalisierung erschüttert werden, Migrationen geografische und symbolische Karten neu zeichnen und die Unterscheidung zwischen lokal und global immer durchlässiger wird, schlägt dieser Künstler einen originellen Weg ein. Es geht weder um identitären Rückzug noch um kritiklose Assimilation, sondern um die Schaffung fruchtbarer Hybridisierungen, die sowohl lokale Traditionen als auch das weltweite künstlerische Erbe bereichern.

Dieser Erfolg ist kein Zufall. Er beruht auf einem scharfen Verständnis der ästhetischen und politischen Herausforderungen unserer Zeit, genährt von einer zugleich verwurzelten und offenen Kultur. Gupta schöpft aus den Ressourcen der hinduistischen Philosophie und der kritischen Soziologie, um eine Kunst zu schaffen, die ebenso befragt wie verführt. Seine Installationen fungieren als Enthüller unserer ästhetischen und kulturellen Voraussetzungen und zwingen uns, unsere Wertigkeiten neu zu überdenken.

Die Zukunft wird zeigen, ob dieses Werk die Transformationen der zeitgenössischen Kunst vorausgesehen hat. Aber bereits jetzt hat es bewiesen, dass es möglich ist, eine authentisch zeitgenössische Kunst zu schaffen, ohne auf kulturelle Besonderheiten zu verzichten, eine globalisierte Kunst, ohne gleichförmig zu sein. Indem Subodh Gupta Küchenutensilien in Objekte ästhetischer Kontemplation verwandelt, erinnert er uns daran, dass wahre Kunst nicht darin besteht, Schönheit aus dem Nichts zu schaffen, sondern die latente Schönheit der Welt um uns herum zu enthüllen. Und das ist vielleicht seine schönste Lehre: uns dazu zu bringen, die poetische Dimension unserer banalsten Gesten und den symbolischen Reichtum unserer vertrautesten Gegenstände wiederzuentdecken.


  1. Pierre Bourdieu, La Distinction. Kritische Soziale Analyse des Urteils, Paris, Éditions de Minuit, 1979.
  2. Kabir, zitiert in Charles Malamoud, Cooking the World: Ritual and Thought in Ancient India, Oxford, Oxford University Press, 1996.
Was this helpful?
0/400

Referenz(en)

Subodh GUPTA (1964)
Vorname: Subodh
Nachname: GUPTA
Geschlecht: Männlich
Staatsangehörigkeit(en):

  • Indien

Alter: 61 Jahre alt (2025)

Folge mir