Hört mir gut zu, ihr Snobs: Ihr verbringt eure Tage damit, das Außergewöhnliche in der zeitgenössischen Kunst zu suchen, während direkt vor euren Augen, in den Galerien von Yogyakarta genauso wie in denen von Venedig, seit fünfundzwanzig Jahren ein Künstler wirkt, der das Alltäglichste ins Erhabene verwandelt. Handiwirman Saputra, geboren 1975 in Bukittinggi, Mitbegründer der Jendela Art Group, produziert keine Kunst, um eure ästhetischen Gewissheiten zu beruhigen. Er schafft Objekte, die unsere Beziehung zur Welt stören, die unsere Wahrnehmungsautomatismen mit der Geduld eines Geologen und dem Wagemut eines konzeptuellen Zauberkünstlers sprengen.
In seiner Werkstatt in Bantul, nahe Yogyakarta, verarbeitet Saputra seit Jahrzehnten Materialien von bewusst trivialer Natur: Gummi, synthetische Haare, Plastik, Metall, Polyurethanharz. Diese Substanzen, Überreste unseres industriellen Alltags, erfahren in seinen Händen eine Metamorphose, die jeglicher kommerziellen Logik trotzt. Ein Gummiband wird zu einer monumentalen Installation von mehreren Metern Höhe. Ein Stück rosa Plastik erinnert zugleich an eine Körperauswucherung und an ein Fragment einer Mondlandschaft. Diese Alchemie ist keineswegs spektakulär; sie resultiert aus einer sorgfältigen Beobachtung dessen, was wir anschauen, ohne zu sehen, und dessen, was wir berühren, ohne zu fühlen.
Saprutras Kunst gründet auf einer Philosophie der Verschiebung, die ihre tiefsten Echo in den lacanschen Theorien des Blicks findet. Denn genau darum geht es: nicht darum, zu zeigen, sondern einen Blick zu strukturieren, der das Ungedachte unserer Beziehung zu Objekten offenbart. Jacques Lacan lehrt uns in seiner Entwicklung zum Objekt klein a, dass der Blick nie neutral ist, sondern immer schon vom Unbewussten geprägt, von unseren Projektionen und Mängeln verzerrt [1]. Bei Saputra findet diese lacansche Dimension des Blicks eine eindrucksvolle plastische Umsetzung. Seine Skulpturen sind keine Objekte zur passiven Betrachtung, sondern Apparate, die die Struktur unseres Blicks enthüllen, seine blinden Flecken und Voraussetzungen.
Wenn er Tak Berakar Tak Berpucuk No. 12 (2011) präsentiert, jene rosafarbene und knollige Form, die zugleich Organisches und Künstliches evoziert, setzt Saputra um, was Lacan Anamorphose nennt: jene Verzerrung, die sich erst aus einem bestimmten Blickwinkel offenbart, welche der frontal fixierte Blick nicht erfasst. Das Werk widersteht der sofortigen Identifizierung, es verwischt Kategorien und verwirrt Referenzen. Dieser Widerstand ist nicht willkürlich; er weist auf etwas Wesentliches in unserer Beziehung zu Objekten hin: ihre Fähigkeit, uns zu entgleiten und trotz unserer Versuche symbolischer Aneignung anders zu bleiben. Der lacansche Blick ist niemals Herrschaft, sondern wird stets vom Entkommen dessen durchdrungen, was er entgeht, heimgesucht von jenem blinden Punkt, der paradoxerweise seine Sichtweise strukturiert.
Die Größenmanipulation bei Saputra folgt dieser gleichen Logik der Wahrnehmungsdestabilisierung. Seine riesigen Gummis, seine aufgeblähten Formen erzeugen das, was Lacan als Unheimlich bezeichnen würde, diese unheimliche Fremdheit, die auftaucht, wenn das Vertraute plötzlich fremd wird. Der Betrachter, konfrontiert mit diesen Objekten, deren Maßstab seine körperlichen Orientierungspunkte stört, erlebt körperlich diese Desorientierung des Blicks, die die lacanische Psychoanalyse theoretisch darlegt. Sein Körper wird dem Objekt unangemessen, seine gestischen Automatismen werden obsolet. Diese Erfahrung der Diskrepanz zwischen Auge und Objekt, zwischen Erwartung und Begegnung bildet das Herzstück der Poetik Saputras.
Die Installation Menahan Letakan Di Bawah Sangkutan (2011-2014) veranschaulicht diese Dynamik perfekt. Überzogen mit blassrosa Harz und künstlichem Rasen, der an einen Querschnitt eines Körpers oder das Hervortreten eines Eisbergs erinnert, spielt das Werk mit diesen Zonen der Unbestimmtheit, in denen der Blick zwischen subjektiver Projektion und objektiver Wahrnehmung schwankt. Lacan erinnert uns daran, dass das Objekt der Begierde niemals das empirische Objekt ist, sondern jenes Objekt, das Ursache des Begehrens ist und unsere Beziehung zur Welt strukturiert. Die Skulpturen Saputras fungieren genau wie diese Objekt-Ursachen: Sie lösen eine begehrensfördernde Dynamik aus, ohne sich je auf ihre rohe Materialität reduzieren zu lassen. Sie sind präsent, unbestreitbar real, aber sie zeigen ständig auf ein Anderswo, auf jenes Jenseits des Objekts, das unsere Menschlichkeit begründet.
Diese Verdrängungsstrategie reiht sich ebenfalls in die Überlegungen von Viktor Chklovski zum Effekt der Verfremdung (ostranenie) ein. Als Theoretiker des russischen Formalismus entwickelte Chklovski bereits 1917 die Idee, dass Kunst die Funktion hat, das Vertraute fremd zu machen, die Automatismen der alltäglichen Wahrnehmung zu durchbrechen [2]. Bei Saputra erfolgt diese Verfremdung auf besonders ausgefeilte Weise. Es geht nicht einfach darum, das Gewöhnliche in einem ungewohnten Licht darzustellen, sondern die Bedingungen für eine erneuerte Wahrnehmungserfahrung zu schaffen, eine Reaktivierung unserer durch Gewohnheit abgestumpften sensorischen Fähigkeiten.
Die Serie Toleran Intoleran bietet ein meisterhaftes Beispiel für diese Ästhetik der Verfremdung. Saputra erforscht darin die elastischen Eigenschaften des Gummis als Metapher für die Grenzen menschlicher Toleranz. Doch diese metaphorische Lesart darf die eigentliche formale Arbeit des Künstlers nicht verdecken. Denn es ist vor allem durch die physische Manipulation des Materials, durch die Erforschung seiner plastischen Möglichkeiten, dass Saputra zu seinen konzeptuellen Intuitionen gelangt. Diese Methode, die experimentelles Materialstudium über a priori-Konzeptualisierung stellt, fügt sich perfekt in Chklovskis Ansatz der Verfremdung ein.
Chklovski betont, dass Kunst die Wahrnehmung “verlängern” müsse, indem sie die Form verkompliziere und “die Schwierigkeit und die Dauer der Wahrnehmung” erhöhe. Die Werke Saputras erfüllen diese Forderung gewissenhaft. Seine hybriden Formen, weder ganz abstrakt noch wirklich figurativ, zwingen den Betrachter zu einer anhaltenden Wahrnehmungsanstrengung. Sie entziehen sich sofortiger Erkennung und zwingen das Auge zu einem ständigen Hin- und Herpendeln zwischen Identifikation und Destabilisierung. Dieser formale Widerstand ist keine sinnlose Blockade; er zielt darauf ab, unser “Objektgefühl” zu wecken, uns jene Fähigkeit zur Verwunderung wiederfinden zu lassen, die die Gewöhnung allmählich erloschen hat.
Die Zusammenarbeit mit dem Handwerker Topan, der ihn seit über zehn Jahren begleitet, offenbart eine andere Dimension dieser Ästhetik der Entfremdung. Der Übergang vom Modell zum endgültigen Werk ist niemals eine einfache Übertragung; er beinhaltet eine ständige Verhandlung mit den Eigenschaften des Materials, seinen Widerständen und unerwarteten Anregungen. Diese Arbeitsmethode, die dem kontrollierten Unfall und der technischen Überraschung einen zentralen Platz einräumt, ähnelt dem, was Chklovski als “kreative Verfremdung” bezeichnet. Der Künstler beherrscht seinen Prozess nicht vollständig; er akzeptiert, dass das Material an der Bedeutungsfindung beteiligt ist und das ursprüngliche Projekt nach seiner eigenen Logik beeinflusst.
Die rätselhaften Titel von Saputra tragen ebenfalls zu dieser Strategie der sprachlichen Entfremdung bei. Tutur Karena (Sagen Weil), Saat Kelakuan Menjadi Bentuk (Wenn das Verhalten Form wird), Saat Bentuk Menjadi Kelakuan (Wenn die Form zum Verhalten wird): Diese Formulierungen stören durch ihren paradoxen oder tautologischen Charakter unsere interpretativen Automatismen. Sie fungieren wie plastische kōan, Rätsel, die den Blick lenken, ohne ihn jemals durch eine stabile Bedeutung zu beruhigen. Diese semantische Instabilität zwingt den Betrachter, in der Unsicherheit zu verbleiben, in dieser Zone der Unbestimmtheit, in der eine authentische Wahrnehmung aufkommen kann.
Saputras Originalität liegt in seiner Fähigkeit, materielle und konzeptuelle Entfremdung zu verbinden, ohne je in didaktische Illustration zu verfallen. Seine Werke beweisen keine These; sie schaffen die Bedingungen für eine Erfahrung, die möglicherweise Denken erzeugen kann. Diese epistemologische Bescheidenheit, dieses Vertrauen in die Intelligenz des Betrachters, unterscheidet seine Arbeit von zahlreichen zeitgenössischen Produktionen, die Kunst und Kommunikation verwechseln. Saputra vertraut auf die Offenbarungskraft der Form, auf die Fähigkeit von Objekten, wenn sie richtig arrangiert sind, uns etwas über uns selbst und die Welt zu lehren.
Als er seine Werke auf der Biennale von Venedig 2019 präsentiert, bestätigt Saputra diese universelle Dimension seines Anliegens und beansprucht gleichzeitig seine kulturelle Einzigartigkeit. Denn obwohl er aus einer minangkabau’schen Imagination schöpft (diese Philosophie des dalam tampak luar, luar tampak dalam, „das Innere, das nach außen blickt, das Äußere, das nach innen blickt”), verfällt er niemals in billigen Exotismus. Seine kulturellen Referenzen nähren seine plastische Reflexion, ohne sie je auf eine zugewiesene Identität zu beschränken. Diese bewusst angenommene Universalität der zeitgenössischen indonesischen Kunst, diese Fähigkeit, aus seiner Singularität heraus zu einer gemeinsamen Menschlichkeit zu sprechen, stellt einen der wertvollsten Beiträge seiner Arbeit dar.
Die jüngste Entwicklung seiner Praxis, insbesondere seine Zusammenarbeit mit Syagini Ratna Wulan und Asmudjo Jono Irianto für die kollaborative Installation Lost Verses: Akal Tak Sekali Datang, Runding Tak Sekali Tiba, zeugt von einer Offenheit gegenüber Formen kollektiver Kreation, die seinen Ansatz bereichern, ohne ihn zu entstellen. Der Raucherraum, den er für dieses Werk entwirft, verlängert seine Reflexion über Sozialisationsräume, über diese Zwischenorte, an denen unsere Beziehungen zu anderen und zu uns selbst ausgehandelt werden. Diese Aufmerksamkeit für Mikro-Rituale des Alltags, für winzige Gesten, die unsere soziale Existenz strukturieren, offenbart die anthropologische Dimension seiner Arbeit.
Car Saputra ist auch grundlegend ein Beobachter des Menschen. Seine rätselhaften Formen, weder ganz organisch noch vollständig künstlich, hinterfragen unser zeitgenössisches Verhältnis zur Natur, zur Technik, zum Lebendigen. In einer Welt, in der diese Kategorien zunehmend durchlässig werden, wo die Grenzen zwischen Natürlichkeit und Künstlichkeit verschwimmen, bietet seine Kunst hybride Formen, die vielleicht unsere kommenden Veränderungen vorwegnehmen. Diese vorausblickende Dimension, diese Fähigkeit, laufende Transformationen zu spüren, bevor sie sichtbar werden, macht ihn zu einem im Wesentlichen zeitgenössischen Künstler.
Am Ende dieses Weges muss man feststellen, dass Handiwirman Saputra eine Bildsprache von seltener Einzigartigkeit entwickelt hat, einen künstlerischen Idiom, der materielle Armut in wahrnehmbaren Reichtum verwandelt. In einem Kunstmarkt, der oft von Spektakularisierung besessen ist, verteidigt er eine Ästhetik der Zurückhaltung, die nichts mit Askese zu tun hat. Seine Werke sind großzügig, sinnlich, durchdrungen von unauffälligem Humor, der deren Fremdartigkeit entdramatisiert. Sie zeugen von einer seltenen bildnerischen Intelligenz, von einer Fähigkeit, durch Form zu denken, die ihren Schöpfer zu einer der markantesten Stimmen der internationalen zeitgenössischen Kunst macht. Angesichts der dekorativen und konzeptuellen Inflation, die so viele aktuelle Produktionen kennzeichnet, erinnert Saputra daran, dass Kunst vielleicht dort beginnt, wo unser Anspruch, die Bedeutung zu beherrschen, endet, dort, wo sich dieser fruchtbare Raum der Ungewissheit öffnet, in dem Schönheit entstehen kann.
- Jacques Lacan, Das Seminar. Band XI: Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse, Paris, Éditions du Seuil, 1973.
- Viktor Chklovski, “Die Kunst als Verfahren” (1917), in Theorie der Literatur, Paris, Éditions du Seuil, 1965.
















